Forschung
Gegenstand der Forschung am NSF Bioinspirierte Materialien ist es, Inspiration aus der Natur zu nutzen, um neue, künstliche Materialien zu entwickeln, die ihre Eigenschaften «auf Kommando», also durch einen Reiz von aussen verändern können. Diese oft auch als «intelligent» oder «smart» bezeichneten Materialien sind von grundsätzlichem wissenschaftlichem Interesse. Gleichzeitig haben sie das Potenzial für zahlreiche Anwendungen, die von der Raumklimaregelung bis hin zu Systemen zur zielgenauen Abgabe von Wirkstoffen in der Medizin reichen.
In Phase 1 (2014-2018) und Phase 2 (2018-2022) haben die Wissenschaftler des NSF neue Forschungsgebiete Richtungen in bestehenden Bereichen erschlossen, darunter das von der Natur inspiriertes Polymerrecycling, Hochdurchsatz-Emulgierung, neue Materialien, die auf mechanischen Stress reagieren, und "On-a-Chip"-Organoide, die die Entwicklung von biologischem Gewebe ermöglichen.
Mit der Unterstützung des Schweizerischer Nationalfonds (SNF) und der Universität Freiburg ist das Zentrum in seine dritte und letzte Finanzierungsphase (2022-2026) eingetreten, mit den Zielen, weiterhin Spitzenforschung zu betreiben, die Anzahl der Kooperationen zwischen den verschiedenen im Zentrum vertretenen Disziplinen zu erhöhen, sich auf die translationale Forschung im Bereich der bio-inspirierten Materialien zu konzentrieren und die Zentrumsstruktur zu konsolidieren, die das Erbe des NFS über das Ende der Phase 3 hinaus tragen wird.
In Phase 3 ist das Forschungsprogramm des NSF in drei thematische Module mit Schwerpunkt auf Materialien, die auf mechanische Reize reagieren, photonischen Materialien und reaktiven Bio-Grenzflächen, sowie ein Modul mit vier Projekten mit Schwerpunkt auf translationaler Forschung gegliedert.
-
Forschungsmodul 1. Mechano-responsive Materialien auf unterschiedlichen Grössenordnungen
Mechano-responsive Materialien kommen in der Natur in zahlreichen lebenden Organismen vor und ermöglichen die unterschiedlichsten lebenswichtigen Funktionen, wie etwa den Schutz vor Fressfeinden, Formänderung, Wahrnehmung und Reaktion. Die Funktionen entstehen oftmals durch mechanisch angeregte biochemische Prozesse, die auf unterschiedlichen Grössenordnungen innerhalb des biologischen Materials stattfinden können.
Die stressinduzierten Konformationsänderungen der Membranproteine der Zellen, die mechanisch angeregte Variation der Ionendurchlässigkeit der Zellorganellen, der scherinduzierte Riss von Mikrobehältern und die abgestimmte Aktion unterschiedlicher Zellen bei der Regeneration von Gewebe sind Beispiele für mechanisch angeregte Prozesse, die aufzunehmend grösseren Längenskalen erfolgen. Diese mechanischen Phänomene steuern die Adhäsion und Permeabilität von Zellmembranen, ermöglichen die Freisetzung reaktiver Substanzen in die Umgebung und lösen die komplexen Mechanismen aus, die Selbstheilung, Regeneration und Gewebemodellierung ermöglichen.
Inspiriert von diesem reichen Repertoire an biologischen Materialien und aufbauend auf den Ergebnissen des Moduls in den Phasen 1 und 2 (2014-2022) wird Modul 1 weiterhin bio-inspirierte Materialien entwickeln, die lebendes Gewebe und dessen Reaktion auf externe Stimuli nachahmen. In Phase 3 (2022-2026) ist das Team interdisziplinär, umfasst ehemalige Mitglieder der Module 1 und 3 sowie eine neue Empa-Forschungsgruppe und kombiniert Kompetenzen in Polymerchemie, Biophysik und computergestützter Biologie.
-
Forschungsmodul 2. Biologisch-inspirierte Selbstorganisation optischer Materialien
Die leuchtenden Farben von Pflanzen, Insekten, Vögeln und Säugetieren gehören zu den interessantesten und attraktivsten Beispielen dafür, wie die Natur komplexe Materialien erschafft und sie für bestimmte Funktionen wie Signalisierung oder Tarnung verwendet. Die Vielfalt der biologischen Organismen und ihrer unterschiedlichen Umgebungen haben eine grenzenlose Vielfalt an Organisationsprozessen und Materialarchitekturen hervorgebracht, die von der Natur in Jahrmillionen entwickelt wurden. Im Alltag spielen farbige Beschichtungen und Pigmente eine wichtige Rolle für zahlreiche Anwendungen und Konsumgüter wie Lacke, Lebensmittel, Bildschirme, Verpackungen und optische Filter. Die Entwicklungsziele für industrielle Anwendungen ähneln oft den Herausforderungen, vor denen die Natur steht: Hohe Reinheit der Farbe, optische Dichte, Lichtbeständigkeit und lange Lebensdauer.
Modul 2 dient dazu, basierend auf der Inspiration aus der Natur, die biologische Organisation optischer Materialien besser zu verstehen und zu nutzen. Eine Fülle von Organismen verwendet photonische 2D- und 3D-Morphologien im Bereich von hundert Nanometern, um Farbe durch Interferenz zu erzeugen, was mit sogenannten "Top-down"-Methoden schwer oder gar nicht umzusetzen ist. Aufbauend auf den Untersuchungen photonischer Strukturen in der Natur in den Phasen 1 und 2 konzentrieren sich alle Projekte in Phase 3 auf die »Bottom-up» Strukturierungen photonischer Materialien, die von diesen früheren Projekten inspiriert wurden. Die Forschung in diesem Modul vereint komplementäre Kompetenzen in Chemie, Kolloiden, Physik, Streuung, Computergestützte Physik und mit einem interdisziplinären Team, das aus ehemaligen Mitgliedern der Module 1, 2 und 3 besteht.
-
Forschungsmodul 3. Responsive biologische Grenz- und Oberflächen
Die Funktion synthetischer biologischer Materialien wird häufig durch ihre Wechselwirkungen mit lebendem Gewebe, insbesondere an den Grenzflächen bestimmt. In den Phasen 1 und 2 (2014-2022) konzentrierte sich Modul 3 unter anderem auf die Entwicklung von Materialien zur Steuerung des Zellwachstums und der Gewebedifferenzierung, zur Auslösung oder Hemmung spezifischer zellulärer Reaktionen, zum Nachweis von Biomarkern in komplexen und verdünnten Umgebungen und zur Unterdrückung von viralen Infektionen. In Phase 3 (2022-2026) wird Modul 3 zu einem multidisziplinären Forschungsprogramm, an dem Forschungsgruppen aus allen ehemaligen thematischen Modulen der Phase 2 beteiligt sind. Unter dem gemeinsamen Thema "Reaktive Biooberflächen" verfolgen die Projekte unterschiedliche Ziele, darunter die Entwicklung von Gerüsten, die ein gesteuertes Gewebewachstum ermöglichen, der 3D-Druck von zentimetergroßen Organoiden bei Raumtemperatur, die Untersuchung molekularer Mechanismen, die die Stabilität von Proteindispersionen fördern oder behindern, die Einführung neuer antiviraler und antimikrobieller Oberflächen, das Design von DNA-Origami-basierten Nanosensoren für die Krebserkennung und die Entwicklung von Batterien auf der Grundlage von 2D-Materialien.
-
Technologietransferprojekte
Entsprechend seiner Strategie, in Phase 3 den Schwerpunkt auf die translationale Forschung zu legen, hat der NSF ein neues Modul mit vier Forschungsprojekten lanciert, die auf die Entwicklung von bio-inspirierten Materialien mit Anwendungspotenzial abzielen. Diese Projekte bauen auf der Grundlagenforschung der ersten beiden Phasen des NSF auf und zielen darauf ab, bis zum Ende von Phase 3 in Partnerschaft mit Industriepartnern konkrete Technologien zu entwickeln.
Die Teilnehmer dieser Projekte werden an Schulungen zu den Themen Innovation- und Technologietransfer teilnehmen, die vom NSF und von Innosuisse organisiert werden. Sie haben auch die Möglichkeit, Praktika in Unternehmen zu absolvieren und werden vom TT-Manager des NSF persönlich betreut.